Konsum – Der „Führer“ des 21. Jahrhunderts?

Für die Wirtschaft und nicht für’s Leben lernen wir

Dass mit unserem heutigen abendländischen Bildungssystem etwas nicht in Ordnung ist, vermuten/spüren/befürchten wir schon seit langem. Dass sich unsere ganzes Leben hauptsächlich um Konsum und Arbeit dreht auch. Dass eine Gesellschaft, die auf Ausbeutung des Planeten und der auf ihm wohnenden Menschen zählt, nicht darauf hoffen kann, von ihren nachfolgenden Generationen für ihr Handeln besonders wertgeschätzt und im Alter liebevoll gepflegt zu werden, liegt ebenfalls auf der Hand.

Dass dieses Gesellschaft und die auf dem Planeten wohnenden Menschen ein und das selbe sind, mutet dennoch etwas skurril an. Rennen wir sehenden Auges in den Untergang? Befinden wir uns im freien Fall, wo sich bis zum Aufschlag, der unmittelbar bevorsteht, alles noch ganz gut anfühlt? Werden die Kinder des 21. Jahrhunderts auch einmal auf uns zeigen und uns (die Generation 40plus) fragen: „Was? Ihr hab von alldem nichts gewusst? Ihr habt in eurem Streben nach Gewinnmaximierung im großen wie im kleinen Stil nicht gesehen, was da vor eueren Augen ablief? Ihr habt nicht gewusst, dass ihr den Planeten ruiniert und damit unsere ganze Lebensgrundlage in Gefahr bringt? Waren euch Werte wie Menschlichkeit und Nächstenliebe zu belächelnde naive Vorstellungen von ein paar wenigen Idealisten? Habt ihr nie hinterfragt, wem oder was ihr da hinterher rennt?“

Wozu ist der Mensch da? Seine 70 bis 90 Jahre wie ein Tier zu fristen, das jeden Morgen auf die Weide getrieben wird, um zu konsumieren: Fragwürdige Bildung, wo es hauptsächlich darauf ankommt, wie man im neoliberalen Wirtschaftssystem am besten punkten kann und möglichst viele überholt? Fragwürdige Freundschaften über Smartphones und soziale Netzwerke ohne Verbindlichkeit geschweige denn mit Empathie. Fragwürdige Konsumgüter, die lt. Studien innerhalb von kurzer Zeit zu 99% auf dem Müll landen? Fragwürdige Medien einer ebenso konsumorientierten Musik-, Film- und Nachrichtenindustrie, die den Geist berieseln und jegliche Kreativität oder selbständiges Denken unterbinden?

Das untige Interview (der Begriff Verblödung hätte weniger inflationär eingesetzt werden können) mit Bernhard Heinzelmeier über sein neues Buch (Performer, Styler, Egoisten: Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben) ist ein weiteres Zeichen, dass wir – die Gesellschaft = die auf dem Planeten wohnenden Menschen – wirklich in die Gänge kommen müssten. „Alle wissen’s, aber keiner tut was“ weist auf ein Umsetzungsproblem hin, zu dessen Lösung entsprechend der Buchrezension von Barbara Weitzel in der Berliner Zeitung auch Herr Heinzlmaier nur eingeschränkte Lösungsansätze anbietet.

Ideen und Impulse darüber, wie man diesem Umsetzungsproblem begegnen kann, finden Sie in den diversen Beiträgen dieses Leisedenker-Blogs unter den Stichworten „Bildung„, „Gesellschaft„, „Hüther„, „Neurobiologie“ etc.

Verwiesen sei auch auf den Film Alphabet von Erwin Wagenhofer.


 

Aus: Die Welt, „Auf dem besten Wege in die absolute Verblödung“ von Christin Bohmann

Der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier beklagt die zunehmende Verdummung der heranwachsenden Generation. Schuld sei ein Bildungssystem, in dem nur nach ökonomischen Aspekten unterrichtet werde.

Nichts für’s Leben, sondern für die Wirtschaft lernen wir – das ist die provokante These von Bernhard Heinzlmaier, der seit Jahrzehnten Deutschlands Jugend wissenschaftlich analysiert. Die systematische Verdummung der Jungen, die „mit begrenztem Horizont und engem Herz“ in eine unmenschliche Leistungsgesellschaft gedrängt werden, prangert er auch in seinem Buch: „Performer, Styler, Egoisten: Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben“ an. Der 53-Jährige ist Mitbegründer des Instituts für Jugendkulturforschung in Wien.

Die Welt: Herr Heinzlmaier, wie verblödet ist unsere Jugend?

Bernhard Heinzlmaier: Sie ist auf dem besten Wege, in die absolute Verblödung geführt zu werden. Wenn unser Erziehungs- und Bildungssystem nur noch nach den ökonomischen Gesichtspunkten von OECD und Pisa funktionieren muss, rechne ich den Jugendlichen keine guten Chancen aus.

Die Welt: Sie schreiben, dass die heutigen Bildungsstandards von der Wirtschaft diktiert würden. Was heißt das?

Heinzlmaier: Bei der Zusammensetzung der Bildungsinhalte zählt nur noch die wirtschaftliche Logik. Die Lehrinhalte werden danach ausgewählt, was später auf dem Arbeitsmarkt auf jeden Fall verwertbar ist. Seit Jahren findet in den Schulen eine Verlagerung zugunsten naturwissenschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Inhalte statt. Unterrichtsstunden in Musik, Literatur und Kunst werden gekürzt, weil diese Fächer kein im ökonomischen Sinne nützliches Wissen vermitteln.

Die Welt: Was ist mit alternativen Schulformen wie zum Beispiel Waldorfschulen?

Heinzlmaier: Das ist schlicht eine Flucht der gut gebildeten Mittelschichten, die weiter Wert auf eine umfassende, auch kulturelle Bildung legen. Die Alternativen zum staatlichen Bildungssystem sind da. Doch die kann sich eine vierköpfige Familie aus Berlin-Marzahn nicht leisten, also helfen sie nur den Reichen. Ich bin kein Illusionist. Technisches und arbeitsmarktorientiertes Wissen muss in den Schulen unbedingt vermittelt werden, aber nicht allein. Der Verzicht auf kulturelle Bildung wird unsere demokratische Grundordnung über kurz oder lang gefährden, weil der Nachfolgegeneration die politische Urteilsfähigkeit fehlt. mehr…

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