Beim Suchen nach Blogstoff stieß ich auf Joanna Macy und den Begriff der Tiefenökologie. Interessant, dachte ich, das hat sicher etwas mit Bodenkultur und Landwirtschaft zu tun. Weit gefehlt: Die Tiefenökologie ist lt. modernem „Nachschlagewerk“ Wikipedia eine spirituelle, naturphilosophische Ausdrucksform des biospärischen Holismus. Aha, wundere ich mich, dass ganz natürliche, dem Menschen in der Tiefe der Seele innwohnende Dinge immer so kompliziert ausgedrückt werden..
Lange Rede kurzer Sinn: Joanna Macy – interessante Frau. Ökophilosophin, Buddhistin, Systemtheoretikerin, Tiefenökologin, Gründerin eines Rahmenwerks für sozialen und persönlichen Change.
Auf der Seite der Gesellschaft für angewandte Tiefenökologie e.V. gibt Joanna Macy ein Interview zum Zustand der heutigen Welt.
Zwei Ausschnitte daraus, die mir besonders gefallen haben:
Wo liegen die Wurzeln dieser Krise?
Ich glaube, dass die Krise, in der wir uns befinden, im Kern geistiger Natur ist. Es ist wie eine Krankheit, die die Kultur ergriffen hat. Sie führt dazu, dass wir unsere tiefsten Werte völlig in Frage gestellt haben und nicht mehr wissen, woran wir uns orientieren sollen. Man kann auch von einem moralischen Kollaps sprechen, der darauf beruht, dass die Beziehung zwischen uns und den Dingen und Wesenheiten in unserer Mitwelt zusammengebrochen ist. Unsere Gesellschaft krankt an ihrem Anthropozentrismus. Durch ihn verstehen wir uns als Krone der Schöpfung und als Mittelpunkt der Welt. Dabei ist der vielleicht größte Mangel unserer Kultur eine wirklich inspirierende Vision einer gesunden Beziehung zwischen uns und der uns umgebenden Welt.
Gibt es Richtlinien, an denen sich der Einzelne orientieren kann?
Ich ermutige die Leute dazu, sich für die Lösung der Probleme ihre eigenen Richtlinien zusammenzustellen. Ich habe ein Paar, die sich als sehr nützlich erwiesen haben. Die erste ist, dankbar dafür zu sein, in einer Zeit zu leben, die so sehr zur Veränderung herausfordert und diesen sinnlichen, fast erotischen Instinkt in uns weckt, das Leben zu erhalten. Der zweite Ratschlag lautet: Hab’ keine Angst vor der Zukunft, die in der Dunkelheit liegt, keine Angst von Ungewissheit, Stress, Verlorenheit, denn all das gehört zu einem einschneidenden Wandel dazu. Alles neue reift zuerst im Dunkeln. Und wir können nicht auf fertige Pläne warten, um den nächsten Schritt zu tun. Der dritte Tipp ist: Ärmel hochkrempeln. Engagiere Dich politisch, verschaff Dir Durchblick, stell’ Fragen nach Ziel und Sinn.! Jeder kann das! Lehn Dich nicht zurück, lass Dich nicht entmutigen oder lähmen. Es gibt so viel zu lernen und zu tun in dieser Zeit. Und viertens würde ich sagen: Habe Mut zur Vision. Wenn wir die Psyche mit einem Muskel vergleichen, dann ist die Vorstellungskraft unser am wenigsten entwickelte Muskel. Wir müssen es uns erlauben, positive Visionen der Zukunft in uns erblühen zu lassen. Denn es wird nichts Neues durch uns in die Welt kommen, was nicht vorher in unserem Bewusstsein Gestalt angenommen hat.
Das ganze Interview finden Sie hier.