Über die Vorteile und Tücken der Fertilitätsmedizin und ihre Auswirkungen auf Paare mit Kinderwunsch. Zum Leisedenken.
Auf nicht natürlichen Wegen
Die Fertilitätsmedizin kann Paare beglücken – und überlasten
von Wolfgang Schmidbauer. Zum Artikel gehts hier…
Wer als Psychoanalytiker täglich mit den seelischen Nöten der Menschen des 21. Jahrhunderts zu tun hat, kann glatt zum Nostalgiker werden. Was die Angst vor falschen Entscheidungen angeht, war vordem das Leben wahrhaftig bequemer. Ob Krankheit oder Gesundheit, Geburt oder Tod: unsere prägenden Affekte fordern gebieterisch, schnell aus der Zone der Unsicherheit an einen sicheren Ort zu kommen. Und die von uns geschaffenen technischen Möglichkeiten stehen dem im Weg.
Dieser Entscheidungsdruck lastet auch auf Paaren, die sich ein Kind wünschen und keines bekommen. In der guten alten Zeit musste sich ein Paar mit seiner Unfruchtbarkeit abfinden; meist trug die Frau, in diesem Punkt ohnehin geübter, diese Last. Wallfahrten und Gebete, Votivgaben an die hierfür zuständige Muttergottes gaben zumindest das gute Gefühl, etwas getan zu haben. Manchmal erlebten bisher unfruchtbare Paare sogar nach einer Badekur der Frau die wundersame Wiederherstellung ihrer Fruchtbarkeit.
Aber kein Paar musste daran gehen, erst einmal genau zu klären, wer eigentlich die Ursache des Versagens sei. Keines musste, wenn erst diese Kränkung verarbeitet war, angesichts des abgestuften Programms der modernen Fertilitätsmedizin diskutieren und sich einigen, wie weit sie gehen, wie oft sie einzelne Schritte bei Misserfolg wiederholen wollten. Weder Mann noch Frau mussten sich entscheiden, ihre Erotik Dritten aufzublättern und sich deren Vorschriften zu unterwerfen. Es fehlte schlicht das Angebot, sich für das gemeinsame Kind Prozeduren auszusetzen, die jeder Vorstellung von spontaner Liebe und Romantik derart krass widersprechen. Mehr lesen…
Hier ein Interview Dr. Wolfgang Schmidbauer, München, 29.01.2014